Keine Kooperation des ADFC mit dem VDA zur IAA 2025
Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) wird auch zur IAA 2025 nicht mit dem Verband der Autoindustrie (VDA) kooperieren. Denn der ADFC vertritt verkehrs- und umweltpolitisch grundlegend andere Positionen.
Der ADFC hat sich entschieden, auch 2025 nicht mit der IAA Mobility zu kooperieren, da sich der Ausrichter der Messe, der Verband der Automobilindustrie (VDA), aus unserer Sicht zu Unrecht einen grünen, fahrradfreundlichen Anstrich gibt. Auf der Messe, die sich als Plattform für alle Aspekte der Mobilität geriert, spielen Themen rund um nachhaltige Mobilität, also Fahrräder und öffentliche Verkehrsmittel, eine verschwindend geringe Rolle. Der VDA vertritt zudem zahlreiche verkehrs- und umweltpolitische Positionen, die denen des ADFC konträr entgegenstehen. Wir sind jedoch der Meinung, dass wir unsere klaren Positionen für eine Mobilitätswende sowie für mehr Fairness und Sicherheit im Verkehr bei einigen Veranstaltungen während der IAA vertreten sollten.
Andreas Schön, 1. Vorsitzender ADFC München: „Es reicht nicht ein paar Fahrräder neben große und schwere Hochglanz-Elektroautos zu stellen und irgendwas von 'zukünftiger Mobilität' zu erzählen. Wenn der VDA es wirklich ernst meinen würde mit seiner neuen Ausrichtung auf eine nachhaltige und klimafreundliche Mobilität, könnte er einfach einige seiner veralteten und klimaschädlichen Positionen aufgeben. Dass er das nicht macht, zeigt, dass es sich letztlich nur um Greenwashing einer Autoindustrie handelt, die weiterhin ihr altes umweltschädliches Geschäftsmodell verfolgt. Abgesehen davon halten wir es weiterhin für völlig inakzeptabel, dass die IAA sämtliche großen Plätze in der Münchner Innenstadt belegt und der Radverkehr teils große und ungeeignete Umwege fahren muss.“
Grundsätzliche Kritikpunkte des ADFC am VDA
- Tempolimit auf Autobahnen
Der ADFC plädiert für ein generelles Tempolimit von 120 km/h auf Autobahnen. Das ist die einfachste und effektivste Maßnahme, um schnell und merklich CO2-Emissionen zu senken. Bei einer Geschwindigkeitsbegrenzung von 120 km/h würde es nach Angaben des Umweltbundesamtes zu einer jährlichen Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 6,7 Millionen Tonnen kommen. Unsere Forderung: Autoindustrie und VDA müssen ihren jahrzehntelangen Kampf gegen eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen aufgeben. Tempolimits sind in den meisten Ländern längst Standard. Nur in Deutschland gibt es keine grundsätzliche Vorgabe.
- Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit
Der ADFC setzt sich politisch dafür ein, dass Tempo 30 innerorts die Regelgeschwindigkeit wird. Nur für Hauptverkehrsstraßen sollte in begründeten Fällen eine höhere zulässige Höchstgeschwindigkeit (Tempo 50) festgelegt werden. Und das auch nur dann, wenn es eine lückenlose und sichere Radverkehrsführung gibt. Der VDA dagegen stellt sich strikt gegen eine uneingeschränkte Einführung von Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit in Städten. Dabei ist erwiesen: Tempo 30 hat viele positive Auswirkungen – auf Verkehrssicherheit, Verkehrsverhalten, Verkehrsmittelwahl, Verkehrslärm und Aufenthaltsqualität.
- Straßenraum gerecht aufteilen
Aus Sicht des ADFC benötigt der Radverkehr deutlich mehr Platz als bisher. Die Infrastruktur muss endlich so geplant und gebaut werden, dass Mensch und Umwelt im Mittelpunkt stehen. Der Autoverkehr muss dafür abspecken. Die Autohersteller müssten also einsehen, dass der Straßenraum neu und gerechter zugunsten des Fuß- und Radverkehrs sowie des ÖPNV verteilt wird – zu Lasten des Autos. Doch die Autolobby pocht weiterhin auf die Bevorzugung des Kfz-Verkehrsflusses in der Stadt und beharrt darauf, dass Kapazitäten für den motorisierten Verkehr nicht eingeschränkt werden dürfen, sondern sogar ausgebaut werden müssen.
- Kleinere Autos als Standard
Kleinere Fahrzeuge, weniger Emissionen, das wäre das Gebot der Stunde. Doch die Automodelle werden weiterhin größer, schwerer und schneller, das Automobil beansprucht mehr Platz als je zuvor. Die Menschen sollen also große Autos kaufen, in denen sie dann meist nur Kurzstrecken ohne Beifahrer:in und Transportgut zurücklegen. Der Straßenraum wird so noch enger für Rad- und Fußverkehr. Bei den Pkw-Neuzulassungen im Juli 2025 waren SUV mit 34,3 Prozent Marktanteil weiterhin das beliebteste Segment und konnten gegenüber dem Vorjahresmonat sogar noch um 23,8 Prozent zulegen. Seit langem steht deshalb die ernsthafte Forderung der Autolobby im Raum, die öffentlichen Parkplätze wegen dieser überdimensionierten SUVs zu vergrößern. Statt die Automodelle umweltfreundlich anzupassen, soll der öffentliche Raum, der allen gehört, noch umfangreicher dem Automobil zugeschlagen werden.
- Geschäftsmodell versus Klimakrise
Die deutsche Autoindustrie will das Verbrenner-Aus 2035 kippen. Der VDA macht immer mehr Druck auf die EU, die Klimavorgaben anzupassen. In einem Zehn-Punkte-Papier forderte der Verband im Juni diesen Jahres das Verbrennerverbot 2035 de facto aufzuheben. Zudem will der Verband erreichen, dass auch nach 2035 noch neue Autos mit Hybridantrieb verkauft werden dürfen, die Untersuchungen zufolge kaum aufgeladen werden und dementsprechend viele Schadstoffe ausstoßen.
Aus Sicht des ADFC heizt das Geschäftsmodell der Autoindustrie die Klimakrise so weiter an. Klimaziele werden so torpediert. Autokonzerne müssten dringend Versäumnisse und Widerstände beim Thema Klimaschutz überwinden: Vom alten Leitbild der Übermotorisierung und Überdimensionierung des Automobils (siehe oben) müssten sich die Hersteller freiwillig verabschieden. Doch noch immer sind kleine, spritsparende und klimaschonende Fahrzeuge bei den meisten Herstellern eher vernachlässigte Modelle. Zwar nimmt der Trend zu alternativen Antrieben zu, doch von Januar bis Juli 2025 waren nur 17,8 Prozent der Neuzulassungen reine Elektroautos. Zudem löst der alleinige Umstieg auf andere Antriebsarten das Platzproblem in den Städten nicht.
Hintergrund und Quellen